Aufgeregt und ein wenig ängstlich warten die Kinder darauf, ihr zukünftiges schwimmendes Haus zu entdecken.
Mit Motivation und Neugierde entdecken sie schnell die Wohnfläche. Sechs Kinder, drei Erwachsene. Die Verteilung der Kabinen ist einfach. Praktische Raumoptimierung, die jedem seinen Freiraum ermöglicht. Jede Kabine hat ein Fenster, also tritt keine Klaustrophobie auf. Die Taschen sind rasch ausgepackt und in den verschiedenen Stauräumen geräumt, und danach treffen sich alle auf dem Hinterdeck, mit Abfahrt ins Abenteuer.
Wir haben beschlossen, nach Lust und Laune zu segeln, sich im Wind treiben zu lassen und die Langsamkeit zu genießen. Diese Hausbootfahrt wird nur auf dem Canal du Midi stattfinden. Eine Pause von Menschenmassen und Stadtgeräuschen. Anstelle stehen Spiel und gute Laune, Fahrräder und Angeln am Programm.
Nach dem Ablegen sticht unser „Kapitän Papa“ nach Castelnaudary in See. Dieser Teil des Canal du Midi ist der malerisch und weit weg vom Stress in Toulouse. Covid hat hier keinen Platz. Sobald man Port Lauragais verlässt, ist man von Charm umgeben.
Die alten Platanen mit ihren herbstlichen Sommersprossen scheinen uns zwischen ihren Spiegelungen und den verflochtenen Wasserzweigen willkommen zu heißen. Das Hausboot hinterlässt seine Spur auf dem reflektierenden Wasser mit wechselnden Farben. Es beginnt zu dämmern, wir werden nicht weit fahren und nach einem "wilden" Liegeplatz zum Übernachten Ausschau halten. Morgen werden wir mitten in der Natur aufwachen. Der von Gelächter unterbrochene Abend ermöglicht es uns, unseren Lebensraum besser kennenzulernen und uns an den Klängen unseres Hausbootes zu gewöhnen. Denn es spricht! Es kommuniziert mit dem strömenden Wasser, das mit einem leisen Seufzer an seinem Rumpf entlang späht; es reagiert auf die Platanenkugeln, die vom Rumpf abprallen und das Geräusch verdoppeln.
Der erste Morgen, auf Augenhöhe mit dem Wasser, am Canal du Midi. Rund um den Frühstückstisch teilen alle ihre Nachterlebnisse: einer hat den Eindruck, dass sich das Boot träge bewegt, ohne Halt, der andere ist beruhigt, weil es gut am gewählten Ort festgemacht ist. Erstmal werden die Fahrräder runtergenommen und die Waden fleißig entlang des Weges in der sanften Morgenstille trainiert. Nach dem Morgensport benutzen Außenbereich des Bootes. Am Terrassentisch wird Platz für Getränke gemacht, das Vordeck dient sowohl zum Sonnenbaden und als auch als Beobachtungsposten. Wir sind unterwegs, im direkten Kontakt mit der Natur, und die Innenräumlichkeiten werden nur ein nächtlicher Rückzugsort sein.
Die Navigation kann fortgesetzt werden. Unser "Kapitän Papa" beherrscht die „La Lalivinière“ und nähert sich mit Gelassenheit an die erste Schleuse. Erklärung von kurzer Theorie und eine verblüffende Entdeckung für unsere sechs Juniors. Ein seltsames Gefühl, da wir uns nicht mehr auf der gleichen Höhe des Gewässers sind, auf der wir navigieren sollen. Riesige Eisentüren, Schutzgitter, die plötzlich, mit einem heftigen Geräusch, einen wütenden Wasserfall loslassen. Unsere Teenager beginnen mit dem Schaum zu spielen und werden sich um die Seile kümmern, die das Hausboot während des Wasserfüllens oder –entleeren der Schleuse gerade hält.
Wieder auf Fahrtniveau angelangt, entdecken wir das Schleusenhaus am Canal du Midi auf dessen Fassade eine Tafel mit Informationen befestigt ist: Name, Entfernung stromabwärts und stromaufwärts. Es beobachtet still und leise den Verkehr zu ihren Füßen. Wie viele Anekdoten hätte es zu erzählen?
Die Schleusen werden die Highlights dieser vier Tage am Canal du Midi sein. Einfach-, Doppel-, Dreifach- und Vierfachschleusen. Immer wieder erstaunlich und verursachen jedes Mal leichte Emotionen. Denken Sie an die Designer und Erbauer solcher Werke, die keine großen Bagger zur Verfügung hatten, um die Launen von Mutter Natur zu kontrollieren. Die Poesie der Brücken, die anmutig und elegant den Kanal überspannen und ein Bindeglied zwischen beiden Ufern bilden. Sie vermischen ihre einzigartigen Schatten mit denen der Bäume, die von der Strömung wieder verwischt werden.
Eine morgendliche Bekanntschaft von einem Schwan, der seinen schlanken Hals über die Reling hebt, als wollte er uns einen guten Morgen wünschen. Neugier oder Gefräßigkeit? Ein bisschen von beidem wahrscheinlich. Fast unwirklich in den Schwaden des Nebels zeigt er uns seine Schönheit und sein makelloses Weiß, bevor er kaiserlich wegspaziert. Später am Tag entdecken wir viele Stockenten-Familien, die sich im Wasser vergnügen. Beim kurzen Flug von einem Ufer ans andere, hinterlassen sie einen Regenbogen von feinen Tröpfchen. Mit rot leuchtender Federrute, springt ein Eichhörnchen von Ast zu Ast in einer Platane, die ihr als Spielplatz dient.
Abendlicher Halt und Übernachtung im Hafen von Castelnaudary am Canal du Midi, um unser Schiff aufzuladen. Ein bisschen eingeschüchtert parkt unser Hausboot zwischen zwei großen schwarzen Booten. Es braucht sich aber nicht schämen, sowohl das Design als auch die weiße Farbe machen es elegant. Es passt auch mit Stolz durch die Vier-Becken-Schleuse. Eindrücke, die wir mit anderen Bootsfahrern teilen. Ein neues Gefühl, dieses kurzzeitige Zusammenleben.
In Richtung Bram machen wir Halt für Mittagessen und Angelausflüge. Drei kleine Fische wurden gefangen und wieder losgelassen, die Freuden unserer Juniors sind groß. Sie entdecken die langsamen Bewegungen des Fischens wieder, Ruhe und Geduld vor dem Jubeln.
Bevor die Nacht hereinbricht, drehen wir um, und treten den Rückweg an, immer mit dem gleichen Rhythmus. Eine Schleusenwärterin teilt uns den erneuten Lockdown mit. Unsere Auszeit am Canal du Midi, eine Pause, ist gerade in diesem Jahr mit so vielen Veränderungen herzlich Willkommen ist, brachte Freude in die Herzen der gesamten Crew. Da wir nicht alles entdecken konnten, ist es keine Verabschiedung von unserem Hausboot, sondern ein „Bis Bald“.
Laurent S. – La Buisse - France
NICOLS 1310 – Oktober 2020 – Port Lauragais